Kultureller BoykottOffene Briefe

Kein Filmfestival für israelische Propagandazwecke! – Offener Brief an die Heinrich Böll Stiftung

Erst jetzt kündigt die Heinrich Böll Stiftung (HBS) an, dass ihr viel kritisiertes Filmfestival „Israel im Orient – Orient in Israel“ vom 28. – 31. 01. 2011 auch mit Unterstützung der Botschaft des Staates Israels finanziert wird.

Damit ist die HBS nicht nur dem Vorwurf ausgesetzt, dass sie mit dieser Filmreihe den Rassismus gegenüber jüdischen und nicht-jüdischen Araberinnen und Arabern in Israel mangels Benennung negiert und ausgrenzende und diskriminierende Stereotype und Politik, wie sie von der askenasischen politischen Klasse Israels gepflegt werden, fortschreibt. (siehe “Offener Brief Kritischer Jüdinnen, Juden und Israelis” vom 09.01.2011[i])

Nun muss sich die HBS auch vorwerfen lassen, sich klar für Propagandazwecke des israelischen Staates einspannen zu lassen.

Denn die Unterstützung von Filmfestivals, die die „Pluralität“ der israelischen Gesellschaft zeigen, folgt einem Regierungsprogramm, das die drei israelischen Ministerien Kultur, Tourismus und Auswärtiges 2005 beschlossen haben und das bekannt ist unter dem Namen: „Brand Israel – Hasbara“[ii]. Dem in weltweiten Umfragen zunehmend negativen Image Israels, das durch anhaltende Vorwürfe von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit geprägt ist, soll nun u. a. mit Filmfestivals entgegentreten werden. Kultur, Kunst und Pluralität des Landes sollen in den Vordergrund gerückt werden mit dem Ziel, mit Hilfe von Public-Relations-Agenturen „vom Konflikt mit den Palästinensern abzulenken“, so Ido Aharoni vom israelischen Außenministerium.

Aharoni beschreibt das Konzept zum Sieg im Kampf um die Darstellung („Winning the Battle of the Narrative“- Konzept) folgendermaßen: Es gehe darum, eine Verschiebung zu erwirken und Israel anders zu verkaufen, nämlich “weg vom Image eines Landes, das sich im Krieg und Konflikt befindet und hin zu einem Marken-Zeichen für positive Werte und Ideale, wie ‘Gestalter der Zukunft’, ‘pulsierende Vielfalt’ und ‘unternehmerische Begeisterung’.”

Die Heinrich Böll Stiftung kooperiert mit der Botschaft eines Staates, dessen Politik durch Besatzung, Kolonialisierung, Rassismus und Apartheid geprägt ist und sie lässt sich für die „mediale“ Kaschierung dieser Verhältnisse benutzen. In einer Zeit, in der die menschen- und völkerrechtswidrige Politik international unter Druck gerät wie selten zuvor, ist es unverständlich, warum die Heinrich Böll Stiftung ihren Auftrag zur Friedenspolitik selber ohne Not unterläuft und israelische Regierungspolitik schönfärbt und normalisiert.

Die palästinensische Zivilgesellschaft, die auf die Einhaltung des internationalen Rechts pocht, ist nicht willens, die israelische Politik der Verstöße gegen allgemein anerkannte Rechtsnormen hinzunehmen. Gemeinsam mit einer weltweiten zivil-gesellschaftlichen Bewegung fordert sie, dass akademische und kulturelle Projekte mit israelischer Staatsbeteiligung solange boykottiert werden, bis Israel die völker-rechtlichen Forderungen umsetzt:

“Alle Kulturprodukte, die von offizieller israelischer Seite in Auftrag gegeben werden (z.B. von Ministerien, Kommunen, Botschaften, Konsulaten, von staatlicher oder anderer öffentlicher Filmförderung etc.) sollten aus institutionellen Gründen boykottiert werden, weil sie vom israelischen Staat – oder einer ihrer mitverantwortlichen Institutionen – in Auftrag und deshalb auch finanziell gefördert werden, eigens um die staatliche Propaganda und die Bemühungen um ein anderes Image zu unterstützen, mit dem Ziel die israelische Besatzung oder andere Verletzungen der palästinensischen Rechte und des Völkerrechts herunterzuspielen, zu rechtfertigen, schönzufärben oder davon abzulenken.”[iii]

Die palästinensische Zivilgesellschaft fordert den Boykott als gewaltloses Mittel, wie er auch im Falle der Beendigung des Apartheidsystems in Südafrika erfolgreich war.

Den Solidaritätsaufforderungen folgend, möchten wir in diesem Sinne besonders die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion am Montag, den 31. Januar 2011 bitten, ihre Teilnahme an dieser Diskussion zu überdenken und abzusagen.

 

 

Unterzeichnende:

Berlin Academic Boycott, http://berlinacademicboycott.wordpress.com/

BDS Gruppe, Berlin, www.bds-kampagne.de

Kritische Jüdinnen, Juden und Israelis, Berlin, kritischeisraelis@googlemail.com

Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, www.juedische-stimme.de

Palästinensische Gemeinde Deutschland, www.falastin.de/home.html

Nahostkomitee in der Berliner Friko, www.friko-berlin.de/

 

Verweise

[i] „Die Heinrich Böll Stiftung begeht leider eine Geschichtsfälschung, ein offener Brief“, 09.01.2011.http://schmok.blogsport.eu/2011/01/12/offener-brief-an-die-heinrich-boll-stiftung/

[ii]Zur „Brand Israel“ (Markenzeichen Israel) Strategie: “Israel Aims To Improve Its Public Image”, Forward, 14.10.2005; “About Face”, Haaretz, 20.09.2005; “After Gaza, Israel Grapples with Crisis of Isolation”, The New York Times, 18.03.2009, “Ben White,”Behind Brand Israel: Israel’s recent propaganda efforts“, The Electronic Intifada, 23.02.2010.

[iii]Palestinian Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel (PACBI), Guidelines for Applying the International Cultural Boycott of Israel. www.pacbi.com