Kultureller BoykottOffene Briefe

Offener Brief an deutsche Theatergruppen beim Santiago a Mil 2015

Don’t Dance With Israeli Apartheid

Santiago a Mil
ist das größte internationale Kulturfestival in Südamerika. Es findet jedes Jahr im Januar in der chilenischen Hauptstadt Santiago statt und bietet ein reiches Programm an Theater-, Tanz- und Musikveranstaltungen mit Künstler_innen aus aller Welt.

Beim Santiago a Mil 2015 wird auch die israelische Batsheva Dance Company teilnehmen, ein sowohl vom israelischen Kultur- als auch Außenministerium gesponsertes Tanzensemble , das sich für die Imagepolierung Israels hergibt und dabei die israelische Politik von Kolonisation, Apartheid und Besatzung ignoriert.

Aus Deutschland nehmen zwei Theatergruppen teil:

In Zusammenarbeit mit BDS Chile bittet BDS Berlin in einem Offenen Brief die Verantwortlichen der beiden Theatergruppen, ihre Auftritte beim Santiago a Mil 2015, bei der sie sich in der zweifelhaften Gesellschaft der Batsheva Dance Company befinden werden, zu überdenken und dem Aufruf palästinensischer Intellektueller zum Boykott israelischer kultureller und wissenschaftlicher Institutionen zu folgen:

Berlin, 4. Dezember 2014

Sehr geehrter Herr Fritsch,
sehr geehrter Herr Castorp,
sehr geehrter Herr Walter,

Sie sind für Januar 2015 mit „Ohne Titel NR.1“ für das Theater Festival Santiago a Mil 2015 in Santiago de Chile angekündigt, an dem auch andere internationale KünstlerInnen und Gruppen teilnehmen, u.a. die israelische Batsheva Dance Company mit dem Stück „Decadence“.

Für Ohad Naharin (Choreograph und künstlerischer Leiter) ist der Tanz ‘eine Form von Illusion, ein einmaliger Augenblick, der eine Abkehr von der Realität ermöglicht Anderseits: ‘eine Möglichkeit, mir die Welt zu vergegenwärtigen, in der ich lebe.’ Vielleicht ist diese Widersprüchlichkeit kein Zufall. Eine tatsächliche Vergegenwärtigung der Welt, in der Ohad Naharin lebt, legt es wohl nahe, sich in Illusionen zu flüchten.

Die Batsheva Dance Company, die unter anderem vom israelischen Kulturministerium und, was zunächst verwundern mag, vom israelischen Außenministerium gefördert wird, beteiligt sich an der ‘Brand Israel’-Initiative der israelischen Regierung. Ziel dieser Initiative, die 2006 ins Leben gerufen wurde, ist es, das Image Israels international aufzuwerten. Dies soll ganz gezielt durch internationale Auftritte von KünstlerInnen und Gruppen wie Batsheva erreicht werden. Die Kampagne ist eine Reaktion der israelischen Regierung auf die weltweit zunehmenden Proteste gegen die unübersehbaren massiven Menschenrechtsverletzungen und die Missachtung internationalen Rechts durch Israel, wie sie gerade wieder im vergangenen Sommer bei den Angriffen auf die belagerte Zivilbevölkerung Gazas einen drastischen Höhepunkt erreichten. Dem, was Millionen Menschen weltweit wahrnehmen, soll mittels vermeintlich unpolitischer „Kultur“ das Bild eines normalen demokratischen Landes entgegengesetzt werden.

Der israelische Autor Yitzhak Laor schilderte 2008 in einem Artikel in der israelischen Tageszeitung Haaretz, wie das funktioniert. Israelische Künstler, deren Auslandsauftritte vom Staat gefördert werden, unterschreiben einen Vertrag, in dem sie bezeichnenderweise als „Dienstleister“ bezeichnet werden und dem Ministerium versichern, „die politischen Interessen des Staates Israel durch Kultur und Kunst“ zu fördern, wozu auch „ein positives Image von Israel“ gehört.

2009 verkündete Arye Mekel, stellvertretender Leiter der Abteilung Kultur im israelischen Außenministerium: ‘Wir werden bekannte Romanciers und Autoren sowie Theaterkompanien und Ausstellungen ins Ausland schicken. Auf diese Weise zeigt man das schöne Gesicht Israels und man assoziiert uns nicht mehr ausschließlich mit Krieg.’ Zu diesem Zeitpunkt hatte Israel den Gazastreifen mit Phosphorbomben und anderen international geächteten Waffen bombardiert und wehrte sich hartnäckig gegen die Untersuchung der Kriegsverbrechen durch eine UN-Kommission.

Weil die Batsheva Dance Company sich dafür hergibt, Botschafterin dieses israelischen Staates zu sein, stieß sie bei ihrer Tournee im Jahr 2012 in Großbritannien und anderswo auf massive Proteste.

Bei jeder Vorstellung der Gruppe im Rahmen des Edinburgh International Festival und überall in Großbritannien, wo sie auftrat, gab es draußen und drinnen Proteste unter dem Motto Don’t Dance With Israeli Apartheid. So war es auch im Anschluss bei den Auftritten von Batsheva in Rom and Turin.

Wenn wir als BDS Berlin unsere MitstreiterInnen von BDS Chile in ihrem Protest gegen den Auftritt der Batsheva Dance Company unterstützen, dann richten wir uns gemeinsam gegen die Verbrechen eines Staates, weil Batsheva in seinem Dienste „die Abkehr von der Realität“ tanzt – die Realität von Besatzung, Apartheid und Entrechtung der PalästinenserInnen vergessen machen will. Besonders perfide ist es in diesem Zusammenhang, dass „Decadence“ auch Anleihen bei der arabischen musikalischen Tradition macht.

Selbstverständlich unterscheiden wir von der internationalen BDS Bewegung einen Staat und seine BürgerInnen und wissen uns verbunden mit israelischen KünstlerInnen, Intellektuellen und AktivistInnen, die ebenfalls für die Rechte der PalästinenserInnen. eintreten.

Die Freiheit der Kunst, der Meinung und der Presse ist ein hohes Gut. Sie schützt auch Unsinn, aber die Wahrnehmung von Freiheit ist auch mit Verantwortung verbunden. Insofern gehen wir davon aus, dass Sie Ihre Arbeit nicht ohne Zusammenhang mit der Welt und im luftleeren Raum sehen.

In diesem Sinne schreiben wir Ihnen anlässlich Ihrer Auftritte in Santiago de Chile, bei der Sie sich in der zweifelhaften Gesellschaft der Batsheva Dance Company befinden werden, und bitten Sie, Ihren Auftritt dort zu überdenken und dem Aufruf palästinensischer Intellektueller zum Boykott israelischer kultureller und wissenschaftlicher Institutionen zu folgen.

Weitere Information finden Sie hier
www.bdsmovement.net
www.pacbi.org
boycottisrael.info
www.bds-kampagne.de
www.bdsberlin.org

Für Nachfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung
kontakt@bdsberlin.org

Mit freundlichen Grüßen

BDS Berlin

Ein wortgleicher offener Brief wurde  an die Verantwortlichen von Rimini Protokoll, Helgard Haug, Daniel Wetzel und Stefan Kägi geschickt.

Englische Version des offenen Briefes

Verweise:
http://www.fundacionteatroamil.cl/obras/ohne-titel-nr-1-sin-titulo-1?ref=
http://concert.arte.tv/de/ohad-naharin-und-die-batsheva-dance-company-prasentieren-deca-dance
http://electronicintifada.net/blogs/asa-winstanley/new-pinkwashing-recruitment-campaign-israel-offers-free-travel-propaganda
http://www.mfa.gov.il/mfa/pressroom/2006/pages/international%20brand%20israel%20seminar%20to%20be%20launched%20this%20week%20by%20the%20foreign%20ministry%2024-oct-2006.aspx
http://www.pacbi.org/etemplate.php?id=790&key=Yitzhak%20Laor
http://www.nytimes.com/2009/03/19/world/middleeast/19israel.html?_r=4&hp&
http://www.no2brandisrael.org/
http://boycottisrael.info/
http://pacbi.org/etemplate.php?id=869

BDS France:
Solidarité contre la Batsheva Dance Company

Boycott! Supporting the Palestinian BDS Call from Within (Boycott from Within), Israel
From Israeli citizens: Please say NO to Batsheva and Israeli Apartheid Propaganda!